Die neue Zeit
Ganz offensichtlich stand sie im Zeichen des Antichristen. Aus Frankreich geflüchtete Priester und Nonnen berichteten von schrecklichen Gewaltexzessen. König und Königin waren enthauptet worden. Immer mehr Menschen schickten die Revolutionäre auf das Schafott. Auch die Frommen, denen man eine Sympathie für das alte Regime unterstellte, bekamen ihren Hass zu spüren. Glauben wurde mit Aberglauben gleichgesetzt und erbittert bekämpft. Nicht mehr die zehn Gebote, sondern die von den Revolutionären proklamierten Menschenrechte sollten in Zukunft das Denken bestimmen.
Schon bevor in Paris Barrikaden gebaut wurden, kämpften in Deutschland zahlreiche Geheimbünde gegen den herrschenden Despotismus. Zu ihnen gehörte der 1776 gegründete Orden der Illuminaten. Sein Symbol- die Eule der Minerva- sollte ein Zeitalter der Erleuchteten ankündigen. Adam Weishaupt, sein Begründer, lehrte an der Universität Ingolstadt Philosophie und Kirchenrecht. Er empfahl den Mitgliedern, in bestehende Einrichtungen einzutreten und dort subversiv für eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu arbeiten.
Auch einen seiner Studenten, den 1759 geborenen Maximilian Josef von Montgelas konnte er für seine antiautoritären Ideen gewinnen. Der revolutionären Umtriebe verdächtigt, musste der 26-jährige aus Bayern flüchten. Nach dem Tod seines kinderlos gebliebenen Landesherrn kehrte er mit dessen Nachfolger, Kurfürst Max I. von Pfalz-Zweibrücken nach München zurück.
Auf seinen rat hin entschied sich der Kurfürst für ein Bündnis mit Napoleon, das dieser mit der Erhebung Bayerns zum Königreich belohnte. Ein paar Jahre später wird sich der neue König, wieder auf Montgelas Rat, sich Napoleons Feinden anschließen. Motgelas verdankt Bayern eine moderne Verfassung, der sich auch der König unterordnen musste. Allen wurden die gleichen Rechte und Pflichten zugestanden. Leibeigenschaft und Folter wurden abgeschafft und Wehr- und Schulpflicht eingeführt. Die Macht der Kirche wurde auf den geistlichen Bereich beschränkt, ihr Besitz eingezogen. Die Orden wurden aufgelöst und die Wallfahrten verboten. Oft gegen den Protest der Einheimischen wurden Schlösser, Klöster und Kirchen versteigert und teilweise abgerissen.
In Dinkelsbühl zerfiel mit den Jahren das leer stehende Kapuzinerkloster. Die Gebäude des aufgelösten Karmeliterordens kaufte die Evangelische Gemeinde. Die barocke Klosterkirche wurde abgerissen und durch einen streng wirkenden Baukörper ersetzt, der so gar nicht zum umgebenden Stadtbild passte. Ein Bruder der Mutter hatte einst im Karmeliterkloster Christoph Nachhilfeunterricht erteilt. Nach der Auflösung des Ordens wurden die Räume für den Schulunterricht genutzt.