Denn sie wissen nicht (mehr), was sie tun! (1)

Warum unsere Politiker die verfahrene Situation, die sie mit zu verantworten haben, nicht mehr in den (BE)Griff bekommen.

 

griechenpleiteUnbestritten wurde in Griechenland viel gesündigt. Jede Regierung - ob konservative oder Sozialisten - brachte ihre Anhänger im Staatsdienst unter und versorgte sie mit lukrativen Pensionsansprüchen. Auch die Gewerkschaften verdienen - wo sie wie im nationalen Energiekonzern die Mehrheit haben - eine goldene Nase. Das alles hatte und hat System. Deshalb sind Zweifel berechtigt, ob diese eigensüchtigen Eliten das Land in eine neue Zukunft führen können.

 

 

Eigenverantwortung ist angesagt!

jung-griechenland-mikis-theodorakisDer griechische Staat hat sich verschuldet. Aber einzelne besitzen riesige Vermögen. Sie befinden sich zu über achtzig Prozent in den Händen einer Minderheit von nicht einmal 2 Prozent. Wie überall in Europa ist auch in Griechenland in den letzten zwanzig Jahren die Vermögensverteilung einseitig ausgefallen. Allen wurde wachsender Wohlstand versprochen. Aber in der Realität hat sich die Schere zwischen der Mehrheit und den wirklich Reichen immer weiter geöffnet. Die Politik muss diese Fehlentwicklung korrigieren und für einen Lastenausgleich sorgen. Ohne einen Beitrag der griechischen Super-Reichen wird es in dem Land keinen Schuldenabbau und keinen Aufschwung geben.

Durch eine radikale Sparpolitik und Milliardenhilfen, die in erster Linie den Gläubigern zugutekommen, lässt sich der Abwärtstrend nicht stoppen. Die wachsende Verarmung der Menschen wird zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen führen. Wir Deutschen, deren Spitzenpolitiker eine radikale Sparpolitik vertreten, werden die wachsenden Aversionen noch drastisch zu spüren bekommen.

Warum der propagierte "Ökonomisierungswahn" für die jetzige Situation mitverantwortlich ist.

Griechenland ist schon lange Mitglied der Europäischen Union. Trotzdem ist es ein von der Agrarwirtschaft dominiertes Land geblieben. Die EU-Kommission hat im letzten Jahr einschneidende Kürzungen der Agrarsubventionen beschlossen. Deshalb werden demnächst auch noch die Bauern auf die Barrikaden gehen.

Griechenland besitzt überwiegend Industrien, deren Produkte auf dem Weltmarkt nicht nachgefragt werden. Daran würde auch kein Aufbau-Programm etwas ändern. Die Westdeutschen nutzten nach dem 2. Weltkrieg amerikanische Darlehen, um die vorhandenen Produktionskapazitäten wieder in Gang zu setzen. Geld allein kann keinen Aufschwung herbeizaubern!

griechenland-kriseAber wachsender Wohlstand wurde und wird allen EU-Anwärtern versprochen. Euer Pfand sind die billigen Arbeitskräfte! Senkt Eure Unternehmenssteuern! Wir finanzieren Euch eine lukrative Infrastruktur mit Gewerbeflächen und Autobahnen. Das wird ausländische Unternehmen anlocken. (Und viele werden wieder abziehen, sobald sie Steuervorteile und Aufbauhilfen abgeschöpft haben.)

Die Portugiesen haben selbst ihrer schönen Insel Madeira eine solche Autobahn zugemutet. Vor kurzem hat die Bundeskanzlerin auf dieses Beispiel sinnloser Geldverschwendung hingewiesen. So freimütig äußert man sich freilich erst, nachdem der deutsche Maschinenbau an den von Brüssel finanzierten Großprojekten tüchtig verdient hatte.

Die Beitrittsländer wurden zu gezielten Betrug ermuntert. Je höher der Eigenbetrag eines Landes ausfiel, umso mehr Millionen wurden aus Brüssel überwiesen. Keiner der dortigen Bürokraten kontrollierte, ob die angegebene Summe erwirtschaftet oder bei einer Bank geliehen wurde. Auch Griechenland hat alle Subventionstöpfe ausgeschöpft. Den Aufstieg zum Industriestaat hat es dennoch nicht geschafft. Das ist vielleicht auch gut so. Denn schon die Tourismusindustrie hat das Land nicht unbedingt attraktiver gemacht.

Wie Wohlstand das Gesicht einer Landschaft verändert.

griechenland-santorin1Vor über vierzig Jahren habe ich Griechenland entdeckt. Wenn es in Westberlin noch kalt und grau war, fuhr ich mit Freunden der Sonne entgegen. Ein Zug brachte uns von München in eineinhalb Tagen nach Athen. Dann ging es auf eine der staatlichen Fähren, die jetzt privatisiert werden müssen. Wir hatten wenig Geld und genossen ein Land, das den Wohlstandsrausch noch vor sich hatte.

Zwanzig Jahre später buchten meine Eltern, die inzwischen Rentner waren, einen Pauschalurlaub auf Kreta. Zufällig wohnten sie in einem Dorf, das ich in meiner Hippie-Zeit kennengelernt hatte. Die wenigen Häuser und selbst die kleine Kapelle waren jetzt Teil einer schön gestalteten Hotelanlage. Der Dorfladen war verschwunden. Der österliche Gottesdienst, an den ich mich gerne erinnere, wurde als Folklore-Angebot vermarktet. Natürlich habe ich meinen Eltern diesen Urlaub gegönnt. Natürlich kritisiere ich keinen meiner arbeitenden Freunde, die sich regelmäßig mit Billigflügen und Kurzurlauben belohnen. Aber ich werde das Gefühl nicht los, wir hätten damals mit wenig Geld mehr erleben können.

griechenland04Griechische Wirtschaftsexperten haben vorgerechnet, dass es in der Tourismusbranche noch Wachstumsmöglichkeiten gibt. Dort könnten über 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Dafür müssten die vorhandenen Flugplätze modernisiert und ausgebaut werden. Sie raten zu Angeboten für wirklich Reiche. Dann würde endlich mehr Geld ins Land kommen!

Das alles klingt für Berliner Ohren recht vertraut. Der neue Großflughafen wird uns als wahre Jobmaschine verkauft. Am besten sollten die Flugzeuge rund um die Uhr starten und landen können. Auch Berlin braucht weniger Massentourismus als den Besuch von mehr Reichen. Dann werden die Steuereinnahmen sprudeln und die maroden Schulen können endlich saniert und die Kitas mit genügend Personal ausgestattet werden. Ob wir uns dann in unserer Stadt noch wohlfühlen, ist eine andere Frage.

 

Teil 2:

Warum unsere Exportindustrie in den letzten zwanzig Jahren fast durchgängig geboomt hat, während sich der Staat gleichzeitig von einer Billion auf zweieinhalb Billionen verschuldet hat.